Paul Abraham
Der Absturz in New York
Brief von Grünwald
Die Musik lebt weiter
Abraham wurde nicht gebraucht...
Die USA wurden zu einer einzigen Enttäuschung für Abraham. Er, der in Europa als einer der
modernsten Unterhaltungskomponisten seiner Zeit galt, bekam hier im Mutterland des Jazz‘
keinen Fuß auf die Erde.
Zwar hatte Theatermogul Jacob J. Shubert bereits vorher die
Rechte am „Ball im Savoy“ gesichert, doch er dachte nicht
daran, diese Operette oder andere Stücke von Abraham am
Broadway wirklich aufzuführen. Alle Versuche, mit neuen
Projekten zu landen, scheiterten. 1945 schrieb er noch einmal
zusammen mit dem Librettisten Alfred Grünwald eine
Operette mit dem Namen “Tamburin”. Sie wurde niemals
aufgeführt.
Langsam aber sicher machen sich Symptome einer geistigen
Krankheit bemerkbar. Bezeichnend ist eine Episode, die
Robert Stolz später erzählte. Abraham lud eines Tages im
Jahre 1943 alle seine Freunde für den nächsten Tag ins Hotel ein. Er werde dort den berühmten
Hollywood-Star ungarischer Herkunft, Ilona Massey, heiraten. Als die Freunde dann am nächsten
Tag mit Blumen erschienen, wusste er von nichts mehr…
Zehn Jahre in der Creedmoor Psychiatrie
Die Krankheit nahm ihren Lauf. Einmal soll er in seinem Hotel den Liftboy angewiesen haben,
42mal in den 17. Stock und zurück zu fahren und dabei ständig „Schnell, noch schneller“ gerufen
haben. Einmal fiel er auf, wie er auf einer Straße in New York (der genaue Ort ist nicht belegt) mit
abgerissener Kleidung, aber, wie immer, mit weißen
Handschuhen, ein imaginäres Orchester dirigierte.
Sein Freund Geza Herczek begleitete ihn schließlich
am 5. Januar 1946 ins New Yorker Bellevue
Hospital, von wo er nach kurzer Zeit ins Creedmoor
Psychiatric Center auf Long Island überwiesen
wurde. Die Diagnose: „Psychosis with Syphilitic
Meningo Encephalitis“ (Viertes Stadium einer
verschleppten Syphilis). Die körperlichen Symptome
der Lues (Syphilis) konnte man behandeln, die
psychiatrische Erkrankung blieb.
So verbrachte Paul Abraham zehn Jahre in dieser größten Psychiatrie der USA, in der um 1950
gleichzeitig etwa 6000 Patienten behandelt wurden (heute sind es noch mehr). Eine Einbürgerung
kam nach amerikanischem Recht aufgrund seiner Erkrankung ebenso wenig in Frage, wie ohne
fremde Hilfe schließlich an eine Ausreise zu denken war. Finanziert wurde sein Klinikaufenthalt
durch die nun wieder besser fließenden Tantiemen.
Es war Abraham-Freund Alexander Paal, ein Hollywood-Fotograf, der die Initiative ergriff. Er
informierte den Hamburger Schriftsteller Walter Anatole Persich über das Schicksal seines
Freundes. Dieser gründete mit anderen ein „Paul-Abraham-Komitee“, das unter Einschaltung der
Bundesregierung die Ausreise Abrahams aus den USA ermöglichte. Am 30. April 1956 landet der
Komponist zusammen mit 51 anderen kranken Emigranten in einem Flugzeug-Sammeltransport
auf dem Frankfurter Flughafen.
PAUL ABRAHAM bei YOUTUBE.
Wählen Sie unter mehr als 700 von mir
hochgeladenen Beiträgen:
Playlist
Dies ist eine Webseite des Publizisten Klaus Waller. Alle Rechte am Text vorbehalten. Impressum - Kontakt
Arztbrief aus der Psychiatrie
Creedmoor (Originalkopie)
Dort heißt es zur Vorgeschichte seiner Einlieferung
u.a., „1945 verlor er plötzlich die Kontrolle über
seine Finanzen, wurde immer verwirrter, war
überproduktiv und größenwahnsinnig.“ Bei seiner
Einlieferung sei er „schwatzhaft, freudig erregt und
großsprecherisch“ gewesen, sein „Urteilsvermögen
war beeinträchtigt, er war desorientiert.“
(Abbildung durch Mausklick vergrößern.)
Ein Fall für die Sensationspresse